
Foto: Andreas Regul
Die Glasbläserei auf dem Flohmarkt von Argual

Foto: Dieter Weiskircher
Sonntags auf dem Flohmarkt von Argual geht es nicht nur um Fundstücke und Begegnungen. Zwischen Secondhand, Verkaufsständen und Stimmen liegt etwas Unerwartetes in der Luft: Hitze. Glas. Bewegung. Denn mitten im Marktgeschehen wird Glas geblasen – offen, sichtbar, ohne Distanz.

Foto: Dieter Weiskircher
Hier steht kein abgeschottetes Atelier, sondern ein Arbeitsplatz. Der Glasbläser sitzt an seiner Werkbank, der Ofen glüht, das Werkzeug ist griffbereit. Wer vorbeigeht, bleibt stehen. Nicht, weil etwas erklärt wird, sondern weil etwas geschieht.
Handwerk vor aller Augen

Foto: Dieter Weiskircher
Das Glas kommt glühend aus dem Ofen, orange und lebendig. Die Pfeife dreht sich langsam, gleichmäßig. Mit ruhigen, geübten Bewegungen formt der Glasbläser die Masse, zieht, dreht, korrigiert. Jeder Handgriff sitzt. Jeder Moment verlangt Aufmerksamkeit. Ein Zögern, ein falscher Winkel – und die Form wäre verloren.

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Gerade diese Konzentration macht das Zuschauen so eindrücklich. Man sieht, wie Material reagiert, wie Hitze Form annimmt, wie aus etwas Formlosem ein Gefäß entsteht. Es ist Handwerk im ursprünglichen Sinn: sichtbar, nachvollziehbar, ehrlich.
Ein Ort mit Geschichte

Foto: Andreas Regul
Die Glasbläserei liegt eingebettet in das historische Umfeld von Argual, unweit alter Herrenhäuser und landwirtschaftlicher Gebäude. Dicke Mauern, Vulkangestein, der schwere Industrieofen – alles erzählt von Arbeit, Zeit und Nutzung. Dass hier heute Glaskunst entsteht, wirkt nicht wie ein Bruch, sondern wie eine Fortsetzung: Tradition in neuer Form.

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Der Flohmarkt bietet dafür den idealen Rahmen. Er ist Treffpunkt für Einheimische, Auswanderer:innen und Besucher:innen, ein Ort des Austauschs. Die Glasbläserei fügt sich selbstverständlich ein – nicht als Attraktion, sondern als Teil des Ganzen.
Farben der Insel

Foto: Dieter Weiskircher
Die fertigen Arbeiten spiegeln die Insel wider. Blau- und Grüntöne erinnern an den Atlantik, Gelb und Rot an Lava und Sonne. Manche Stücke sind ruhig und klar, andere wild durchzogen von Farbströmen. Keine Serie gleicht der anderen. Jedes Objekt trägt den Moment seiner Entstehung in sich.

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Große Schalen wirken wie eingefrorene Bewegung, Vasen besitzen eine Tiefe, die das Licht sammelt und weitergibt. Das Glas ist nicht glatt im Sinne von perfekt, sondern lebendig. Genau darin liegt seine Qualität.
Kleine Wesen, große Wirkung

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Zwischen den großen Arbeiten finden sich kleinere Figuren: Vögel, Schwäne, fantasievolle Formen. Sie wirken verspielt, aber niemals beliebig. Mit wenigen Linien, präzise gesetzt, entsteht Charakter. Viele Besucher:innen bleiben gerade hier stehen – vielleicht, weil diese Objekte Nähe schaffen, weil sie das Handwerk auf eine persönliche Ebene holen.
Vulkan im Glas

Foto: Dieter Weiskircher
Besonders eindrucksvoll sind Arbeiten, die Glas mit Lavagestein verbinden. Das Glas scheint aus dem Stein zu wachsen, als wäre es gerade erst geschmolzen. Material und Ursprung der Insel treten in Dialog. Es sind stille Stücke, kraftvoll und reduziert, die mehr erzählen, als sie zeigen.

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Warum man stehen bleiben sollte

Foto: Dieter Weiskircher
Die Glasbläserei auf dem Flohmarkt von Argual ist kein Souvenirstand. Sie ist ein offenes Atelier, ein Ort, an dem Arbeit sichtbar bleibt. Wer hier kauft, kauft kein Produkt von der Stange, sondern Zeit, Erfahrung und Aufmerksamkeit. Und wer nur zuschaut, nimmt dennoch etwas mit: das Gefühl, dass Dinge entstehen dürfen – langsam, unter Hitze, mit Geduld.

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Jeden Sonntag erinnert dieser Ort daran, dass Handwerk nicht erklärt werden muss, um verstanden zu werden. Es reicht, ihm zuzusehen.
Von La Palma 24


















