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Wolf-Dieter Storl informiert über (Un)kraut auf La Palma

La Palma 24 | 04.10.2019 | 0 | Diesen Artikel teilen

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Einige unserer LeserInnen kennen Dr. Wolf-Dieter Storl schon, denn wir haben den Kulturanthropologen und Ethnobotaniker, der gerne und oft auf La Palma urlaubt, an Weihnachten 2018 vorgestellt. Für ihn haben Pflanzen eine „kulturelle, sprachliche und mythologische Identität“, und darüber hat er schon rund 30 Bücher geschrieben. Eines davon handelt von Unkräutern im Garten seines Dominzils im deutschen Allgäu – und das hat uns auf die Idee gebracht, mal mit Dr. Ethno-Bot über ein Anwesen auf der Isla Bonita zu spazieren. Dabei fand er jede Menge oft stachelbewehrte Gewächse, die wir normalerweise ausreißen, und sagte: „Eigentlich gibt´s keine Unkräuter, wenn man weiß, was die Pflanzen können.“ Wir haben das Grünzeug fotografiert, die Kommentare von Wolf-Dieter für unsere LeserInnen aufgeschrieben und sehen die oftmals stiefmütterlich behandelten Blümchen nun mit ganz neuen Augen.

(Un)kraut auf La Palma:

Ein Gartenspaziergang mit Dr. Wolf-Dieter Storl

Texte: Dr. Wolf-Dieter-StorlFotos: La Palma 24 - draufklicken und groß sehen!s
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"Die Gelbe Aloe ist ein hervorragender Wundheiler. Als ich einmal nach La Palma kam, hatte ich eine tiefe Verletzung an der Hand. Dann habe ich immer wieder ein kleines Stück von einer gelben Aloe abgeschnitten, damit die Wunde bestrichen, und die ist dann super verheilt."

"Die Rauke stammt aus der Familie der Kreuzblütengewächse und schmeckt gar nicht schlecht – ein bisschen nach Kohl, denn sie ist mit ihm verwandt. Man kann Salate damit bereichern. Zu erkennen ist sie an ihren gelben Blüten, die wie ein Kreuz angeordnet sind."

 
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"Die Saudistel gehört trotz ihres Namens nicht zu den Disteln, sondern ist mit den Salaten verwandt. Allerdings wird sie nur von Schweinen gern gefressen, für den Menschen ist sie ungenießbar. Wenn die Pflanze ausgeblüht hat, bekommt sie einen weißen Schopf. Daher auch ihr lateinischer Name Senecio, in Bezug auf senior. Sie ist mit dem Löwenzahn verwandt und hat wie dieser eine clevere Verbreitungsstrategie: Kaum berührt man die Saudistel, fliegen ihre Samen los. Sie enthält einen milchigen Saft, gehört aber nicht zu den gefährlichen Wolfsmilchgewächsen."

"Dies ist ein Gänsefußgewächs. Die sind zwar essbar – zum Beispiel in Suppen -, allerdings sollte man niemals zuviel davon kosten. Denn Gänsefußgewächse enthalten Oxalsäure – das sind winzige Kristalle, die die Nieren schädigen können. Außerdem zieht die Säure Kalk aus Knochen und Zähnen. Das ist mir mal passiert, als wir in Amerika eine Zeitlang nur von Wildpflanzen gelebt haben, da wurden meine Zähne glasig und die Nieren taten mir weh. Die Blätter der Gänsefußgewächse schmecken ein bisschen salzig, denn diese Pflanze kommt aus der Steppe Zentralasiens und ist sehr salzverträglich."

 
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"Bei dieser Pflanze handelt es sich um eine Malvenart. Die jungen Blätter passen sehr gut zu Gemüsesuppe. Sie schmecken angenehm mild und sind voller Vitamine. Man nimmt natürlich am besten die jungen Blätter." "Dieses Gewächs hat viele Namen: Man nennt es Asphalt-, Bitumen-, Teer- oder auch Pechklee. Grund: Es riecht leicht nach Asphalt – mich fasziniert dieser Duft. Die Pflanze ist zwar nicht essbar, aber dafür eine super Heilpflanze. Sie wird zerstampft und äußerlich angewendet, zum Beispiel bei Hautentzündungen, Krätze, weißen Flecken und mehr. Ihr Pulver ist abführend, wurm-, schweiß- und harntreibend."
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"Die Kanarische Ringelblume wächst hier auf La Palma wild. Auch sie ist eine Medizinpflanze, die als Tee bei Gallenstau und äußerlich als Salbe für schlecht heilende Wunden, Geschwüre oder Nagelbettentzündungen angewendet werden kann. Auch als Umschlag bei Verstauchungen und Quetschungen kann man die Ringelblume sehr gut verwenden."

"Die spanische Malpica – auch sizilianische Spreublume genannt – ist eine meiner Lieblingspflanzen, obwohl sie sehr stachelt. Sie wächst in den Tropen – ich habe sie in Indien entdeckt – und gehört zur Familie der Amarant-Gewächse. Amarant ist ein alternatives Getreide, das gut schmeckt sowie sehr vitaminhaltig und nahrhaft ist. Die Malpica ist auch eine tolle Heilpflanze, die in der kanarischen Volksmedizin verwendet wird. In Indien werden ihre zerquetschten Blätter auf Insektenstiche gelegt, das Pulver ihrer Wurzel mit Honig vermischt ist eine Salbe gegen Hämorrhoiden, und eine Wurzelabkochung hilft bei Durchfall, ist harntreibend und kann gegen Hals- und Zahnschmerzen eingesetzt werden. Wer einen Tee daraus kocht, kann ihn bei Leberbeschwerden und Magenübersäuerung trinken. Das gekochte Kraut wird als Auflage auf Furunkel und als Sitzbad bei aufsteigender Hitze genommen."

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"Der Storchenschnabel heißt so, weil er bei genauerer Betrachtung aussieht wie ein kleiner Storch mit einem Schnabel. Er ist wundheilend, und Frauen haben das Kraut früher unters Bett gelegt oder darüber gehängt, wenn sie sich ein Kind wünschten."

"Der Kanarenampfer ist ein endemisches Gewächs auf den Inseln. Er ist ein Sauerampfer, das merkt man, wenn man eines der sauer schmeckenden Blättchen kostet. Man sollte nicht zuviel davon essen und auf keinen Fall einen ganzen Salat daraus machen. Denn auch der Kanarenampfer enthält Oxalsäure und heißt auf den Inseln deshalb auch Vinagrera. Ich sage immer, er ist eine Pionierpflanze, denn der immergrüne Strauch ist das erste, was nach einem Vulkanausbruch wieder auf der Lava wächst."

 
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"Die Mittagsblumen sieht man hier häufig wild wachsen. Diese Bodendecker stammen aus Südafrika, und das Klima auf den Kanaren gefällt ihnen gut. Die rotblühenden heißen lateinisch Aptenia. Weiß bis gelb oder auch rosa blühende Mittagsblumen tragen den lateinischen Namen Carpobrotus, und man nennt sie auch Hottentottenfeigen. Die Hottentottenfeigen könnte man theoretisch essen, aber nicht in Massen. Ansonsten kann man sie wie die Aloe Vera einsetzen: Ihr Gel hilft bei Wunden, Verbrennungen oder Sonnenbrand." 

"Die Forskalie ist ein endemisches Kanarengewächs und wird von den Einheimischen Ratonera genannt. Diese unscheinbare Pflanze haben schon die Ureinwohner der Inseln als Medizin bei Erkältungen benutzt. Ich habe es selbst ausprobiert, als ich im Urlaub war – und es hat geholfen. Die Forskalie wirkt fiebersenkend, antibakteriell, schmerzstillend und entzündungshemmend. Die Ureinwohner haben sie als Tee bei blutigem Durchfall, gegen Wundrose, zum Waschen bei Verletzungen, gegen Entzündungen der Blase und der Harnwege, bei Ausschlägen und bei Fieber eingesetzt."

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"Der Kanarenbeifuß gehört ebenfalls zu den Endemiten auf den Inseln. Er riecht ein bisschen nach Weihrauch und heißt hierzulande Incienso morisco. Diese Pflanze haben die Ureinwohner verbrannt, um den Göttern Rauchbotschaften zu schicken, denn der Kanarenbeißfuß war eine heilige Pflanze. Medizinisch wurde er als Tee bei Menstruationsbeschwerden und Unterleibskrämpfen sowie gegen Darmparasiten angewandt. Aber das ist eine heftige Pflanze, sie ist verwandt mit dem Wermut – schon ein kleiner Schluck vom Tee genügt, und nicht mehr! Schwangere dürfen sie gar nicht anrühren, und der Kanarenbeifuß soll auch eine psychedelische Wirkung haben." 

"Der Schwarze Nachtschatten hat eine Blüte ähnlich wie die Tomate oder Kartoffel. Er bekommt kleine, pechschwarze, tomatenartige Früchte, aus denen macht man in der Türkei gerne Marmelade. Aber Vorsicht: Wie bei der Tomate und der Kartoffel ist das Kraut giftig!"

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 "Wer Brennesseln in seinem Garten auf den Kanaren hat, dem empfehle ich, sie als Gemüse zu kochen. Salat würde ich nicht daraus machen." 

"Südafrikanischer Klee ist ein Sauerklee, von dem man ab und zu ein Blättchen essen kann."

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"Diese Pflanze wird Zweizahn, Bettelläuse oder Amor Seco genannt. Trockene Liebe heißt sie, weil ihre Samen, die aussehen wie eine Gabel mit zwei Zinken, überall kleben bleiben. Dabei handelt es sich auf den Kanaren um eine wichtige Heilpflanze. Aus den grünen Blättern wird ein Sud aufgegossen, der gegen Halsschmerzen, Heiserkeit, Zahnschmerzen, Leberbeschwerden und Übersäuerung gegurgelt werden kann. Nicht trinken!"

"Das ist die gewöhnliche Vielfrucht, ein auf den Kanaren endemisches Gewächs. Die Insulaner nennen sie Pataconejo – Karnickelpfote -, aber mir ist nicht bekannt, ob diese Pflanze Heilkräfte hat."

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Liebe LeserInnen, mit diesen Infos von Dr. Wolf-Dieter Storl in der Hand können Sie nun ihren Garten erforschen. Bei hier nicht aufgeführten und Ihnen unbekannten Pflanzen sollten Sie jedoch immer vorsichtig sein, warnt der Experte: „Man kann nicht einfach sagen, Natur, wunderbar, das ess ich – es gibt zwar nur sehr wenige, ausgesprochen giftige Pflanzen wie die Nachtschattengewächse. Aber die sollte man kennen.“ Ansonsten rät der Ethnobotaniker zur Gelassenheit, wenn wildes Grün insbesondere nach Regenfällen auf La Palma in den gepflegten Anlagen sprießt: „Warum soll man Unkraut rupfen, wenn´s nicht sein muss? Ich bin keiner, der alles viereckig will.“

 
"Das Madagaskar Immergrün – lateinisch Catharanthus roseus - wächst nicht nur in Gärten, sondern auch oftmals am Straßenrand von La Palma. Die Pflanze kommt aus Madagaskar, und aus ihren Inhaltsstoffen stellt die Pharmaindustrie Medikamente zur Krebstherapie her."Mehr Informationen über den Ethno-Botaniker gibt es in unserem Artikel, den wir an Weihnachten 2018 veröffentlicht haben.
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Von La Palma 24

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