aktuall wetter la palma | 17:47

Es gibt nur zwei Weisen die Welt zu betrachten: Entweder man glaubt, dass nichts auf der Welt ein Wunder sei, oder aber, dass es nichts als Wunder gibt
Albert Einstein

Ad
Palminvest Immobilien La Palma
Palminvest Immobilien La Palma Palminvest Immobilien La Palma

Mas fuerte: Stärker als der Vulkan – Ein Beitrag von Barbara Scherer

Gastbeitrag | 16.05.2022 | 1 | Diesen Artikel teilen
© Michael Nguyen

Den Vulkanausbruch auf der Kanareninsel La Palma haben auch einige Esslinger hautnah erlebt. Auch wenn der Vulkan als erloschen gilt, beeinträchtigt er das Leben auf der Insel erheblich.

Am 19. September 2021, brach ein Berg im Höhenzug Cumbre Vieja im Westen der Kanareninsel La Palma auf und spukte Lava aus. Rund drei Monate hielt der Ausbruch an. Gebäude wurden vernichtet, Menschen haben ihr Heim verloren.

Auch Esslinger, die auf La Palma wohnen, waren betroffen. Und sind es bis heute. Ihre Geschichten erzählt dieser Artikel.

Den 7. Oktober 2021 wird Gaby Demmelhuber nie mehr vergessen. Da rollte die Lava, die in Richtung Meer floss, über ihr Ferienhaus am Ortsrand von Todoque hinweg und begrub es vollständig. Die Esslinger Friseurmeisterin war eine der ersten Deutschen, die sich in den 80er-Jahren ein Häuschen auf der Insel gebaut hatte.

Damals suchten sie und ihr Lebensgefährte nach einem sicheren Ort zum Leben – angesichts der Tschernobyl-Katastrophe in der Ukraine, die damals viele Menschen in Angst versetzt hatte. Demmelhuber kaufte am Ortsrand des Dorfes Todoque ein einfaches Gebäude, baute es im Lauf der Jahrzehnte aus und schuf so ihr Refugium, das sie so oft wie möglich besuchte. Es sollte auch ihr Alterswohnsitz werden.

© Gudrun

Von ihrem Traumhaus sind ihr lediglich das Gästebuch und ein paar Fotos von ihrer Tochter, die dort mit aufwuchs, geblieben. Eine Freundin auf der Insel rettete die Dinge vor der heranrollenden Lava. Sonst nichts. Von dem gesamten Ort Todoque ist nichts mehr übrig geblieben, über 1300 Menschen sind alleine dort obdachlos geworden.

Kürzlich hat Gaby Demmelhuber die Insel besucht – das erste Mal nach dem Vulkanausbruch. Für sie emotional ganz schwer zu ertragen. „Die Landschaft hat sich durch die meterhohen Lavaberge so verändert, dass man sich kaum orientieren kann“, sagt sie. Sie versucht sich mit den Erinnerungen an die schönen Zeiten in Todoque zu trösten, und mit der Vorstellung, dass ihr Haus nun auf ewig Teil der Insel sein wird. Ihre Tochter träumt davon, an der alten Stelle wieder ein Haus zu bauen.

© Michael Nguyen

Michael Nguyens Unternehmen La Palma 24 war in der Ortsmitte von Todoque ansässig. Nguyen, gelernter Zahntechniker aus Esslingen, ist vor mehr als 25 Jahren nach La Palma gezogen. Er arbeitet in der Tourismusbranche, vermietet Autos, Motorräder und vermittelt Ferienwohnungen. Seine Frau Heidrun Schumann hat Yoga im Gemeindehaus in Todoque unterrichtet. Büro, Unterrichtsräume, Werkstatt, die Avocadoplantage und das Privathaus im benachbarten Ort La Laguna sind der Lava zum Opfer gefallen.

Nguyen ist es noch gelungen, seinen Fuhrpark mit den Autos und den Bikes zu retten. „Aus unserem Haus konnten wir aber kaum etwas rausholen“, sagt er. Die Zeit sei zu kurz gewesen. „Und wo hätten wir denn Dinge wie Möbel unterstellen sollen“, fragt er. „Draußen abstellen hätte bedeutet, sie der Asche zu überlassen.“ Nur der heiß geliebte Billardtisch wurde hektisch abgebaut und abtransportiert. Den brandneuen großen Fernseher fraß die Lava.

Dennoch, sagt Nguyen, habe er Glück gehabt. Glück, weil er versichert war und Geld geflossen ist. Er hat mittlerweile sein Büro in der Stadt Los Llanos eröffnet. Allerdings ist sein Fuhrpark immer noch über die Insel verteilt.

„Vielen Palmeros geht es nicht gut, kaum jemand ist nicht betroffen.“, sagt Nguyen. „Viele Menschen auf der Insel sind nicht versichert, da sie sich das nicht leisten können. Viele haben überdies ihre Arbeit, ihre Bananen- und Avocadoplantagen verloren.“ Für ihn, der auf La Palma viele Freunde unter den Einheimischen hat, war das Anlass, ein Hilfsprojekt aufzubauen. Mit seiner neu gegründeten Software-Firma hat er eine virtuelle Landkarte der Insel ins Netz gestellt, aufgeteilt in einzelne Pixel. Diese sechseckigen Flächen lassen sich anklicken und mit einer Spende in der Höhe von fünf bis 500 Euro versehen.

© Michael Nguyen

Wurde bezahlt, erscheint der Fleck in lila auf der Karte. Das von der Lava bedeckte Gebiet ist dafür nicht verfügbar - „aus Respekt vor den Menschen, die dort ihre Häuser und Grundstücke verloren haben“, heißt es auf der Seite. Die Einnahmen gehen an gemeinnützige Vereine zur Hilfe von Vulkanopfern – oder über die Rathäuser vor Ort, die direkt auf Notfälle reagieren können.

Was kann noch helfen? „Dass der Tourismus wieder normal anrollt“, antwortet Nguyen. Bis auf den relativ schmalen Streifen an der Westflanke der Insel sei das Land unberührt, im Norden und Osten kann man sich völlig ohne Einschränkungen bewegen.

© Antje Gieser

Mit Hilfen für Palmeros beschäftigt sich auch Antje Gieser. Die frühere Assistentin in der Lokalredaktion der Esslinger Zeitung ist 1998 mit ihrem Mann auf die Insel gezogen und lebt seitdem in ihrem Haus in den Bergen über der Kleinstadt Mazo an der Ostküste, unweit der Hauptstadt Santa Cruz.

Zwar ist die Lava nur im Westen geflossen, doch das zwei Monate andauernde Grollen, Donnern und die Erdbeben durch die Vulkantätigkeit waren auch im Osten zu spüren. Und Aschenregen gab es häufig. Seit etlichen Jahren betreut Antje Gieser das Hilfsprojekt „Asociación Solidad SOS La Palma“.

Sie bezeichnet den Vulkanausbruch als „dritte Katastrophe für die Insel“. Die Weltwirtschaftskrise von 2008 habe viel Armut in die Bevölkerung gebracht, die Corona-Pandemie und der Vulkan hätten die Lage erheblich verschärft. Antje Gieser und die Mitstreiter im Verein helfen mit Geld, das an die örtlichen Rathäuser geht.

In diesen Tagen kaufen die SOS-Leute Gutscheine, meist für Lebensmittel, Hygieneartikel, aber auch für Benzin. Antje Giesers gute Nachricht ist: „Die Menschen, denen es gut geht, spenden sehr großzügig, wir hatten noch nie so viel Geld auf unserm Konto.“

Eine andere Art der Verarbeitung des Geschehens hat Gudrun Bleyhl gewählt. Die ehemalige freie Journalistin bei der Esslinger Zeitung, Radiomoderatorin und Pressesprecherin eines Energieversorgers, lebt seit rund 20 Jahren auf La Palma und ist mittlerweile Rentnerin. Als der Vulkan ausbrach, wenige Kilometer von ihrem Haus entfernt, direkt an der Evakuierungsgrenze, erwachte auch ihr Reporter-Gen wieder.

„Ich habe angefangen, Tagebuch zu schreiben“, erzählt sie. „Man vergisst ja so viel, wenn es vorüber ist.“ Bleyhl schildert darin, wie sie auf ihrer Terrasse sitzend in das „schöne Tal, Richtung Meer schaut, wo viele Freunde von mir wohnten“ und mitansehen musste, wie alles immer schwärzer wurde, bis die ganze grüne und blühende Landschaft von einer dunklen Masse bedeckt war.

© Gudrun Bleyhl

Aus dem Tagebuch ist ein kürzlich erschienenes Buch geworden, mit vielen Fotos und Geschichten über ihr Leben auf der Insel. Bleyhls Anliegen ist es, „den Menschen zu sagen, wie schön die Insel ist“. Das Motto laute: „Mas fuerte – stärker als der Vulkan“. Wie auch Michael Nguyen und Antje Gieser hat auch sie keine Sekunde daran gedacht, die Insel zu verlassen.

Info:
Zerstörte Infrastruktur
Der Vulkanausbruch hat vom 19. September bis 13. Dezember 2021 gedauert. Der Ausbruch zerstörte rund 3000 Gebäude, 7000 Menschen sind obdachlos geworden. Todesopfer gab es keine. Auch heute ist die Infrastruktur auf der nordwestlichsten Kanareninsel stark beschädigt. Der südwestliche Teile der Insel ist wegen hoher Gaswerte immer noch gesperrt, darunter auch der Tourismus-Ort Puerto Naos. 70 Kilometer Straßen und 370 Hektar Bananenplantagen sind zerstört. Die ins Meer geflossene Lava hat eine Halbinsel von 36 Hektar geschaffen.

Kontakte:
Informationen über www.la-palma24.info
Spenden über https://lapalmapixel.com/
Asociación Solidad SOS La Palma, Kontakt Antje Gieser unter antje@soslapalma.com
Buch: Gudrun Bleyhl: Lava Steinzeit Edad de Lava in Deutsch und Spanisch erschienen, Konkursbuch Verlag Claudia Gehrke, ISBN 978-3-88769-661-0

Folge uns auf

1 Comment

  1. S. Wegler says:

    Ich lebe seit 32 Jahren im oberen Teil von El Paso.
    Ich fing mit einem kleinen kanarischen Haus an ohne Wasser und ohne Strom.
    In diesen 32 Jahren baute ich das Häuschen aus und renovierte einen Stall zum Wohnhaus.
    Inzwischen bin ich Rentnerin und habe einen liebevollen Mann, 2 Esel, Hühner, Hunde und eine Katze.
    Wir pflanzen 70 Olivenbäume für Öl.
    Am 20. September las ich in Facebook den Hilferuf einer Familie mit Kind und Hund, die als eine der ersten ihre gesamte Habe verloren hatten und ein Haus mieten wollten.
    Meinem Mann und mir war sofort klar, dass wir keine 2 Häuser zum Leben brauchen.
    Wir haben der Familie eines davon gespendet und genießen nun das junge Leben auf unserem Grundstück.
    ,

Schreibe einen Kommentar

Wir freuen uns über Meinungen, Anregungen und Kommentare.

Your email address will not be published.